Siem Reap (Kambodscha) – 09.-13.03.2016

Kambodscha

  • Fläche: 181.000 qkm (etwa halb so groß wie Deutschland)
  • Einwohner: ca. 14 Mio.
  • BIP/Einwohner (2010): 931 Dollar (etwas höher als Myanmar)

Ankunft in Siem Reap – 09.03.2016

Da es aus Myanmar -noch- wenig Direktflüge ins Ausland gibt, fliegen wir über Saigon nach Siem Reap. Als wir aus dem Flieger steigen, erwischt uns ein heißer Föhn. Es sind zwar „nur“ etwa 38 Grad, aber um die 90 % Luftfeuchtigkeit. Bei diesen Wetterbedingungen werden wir in den nächsten Tagen in und auf alten Tempel herumkraxeln.

Im Tuc-Tuc unterwegs
Im Tuc-Tuc unterwegs

Siem Reap ist eine Touristenhochburg, die Innenstadt ein Ballermann in Südostasien. Kambodscha wird von knapp 5 Mio. Touristen besucht. Man kann davon ausgehen, dass fast alle wegen Angkor Wat kommen, also auch Siem Reap besuchen (offizielle Einwohnerzahlen gibt es nur aus 2005: 175.000). Zum Vergleich: Nach Myanmar kommen nur etwas mehr als 1 Mio Touristen, die sich auf das ganze Land verteilen (die offiziellen Angaben der Regierung von Myanmar sollen deutlich zu hoch angesetzt sein).

10.03.2016 – Angkor Wat und Angkor Thom

Hier bekommt man einen ungefähren Eindruck von den Ausmaßen
Angkor Wat – Hier bekommt man einen ungefähren Eindruck von den Ausmaßen

Im 10. Jahrhundert wurden unter dem König Yasovarman I. Bewässerungsanlagen und Stauseen angelegt, die dreimalige Reisernten pro Jahr ermöglichten und den Reichtum des Khmer-Reichs begründeten.

Angkor Wat

Im 12. Jahrhundert wurde schließlich Angkor Wat als private Tempelanlage des Königs errichtet. Von einem hinduistischen Tempel wandelte sich die Nutzung im späten 13. Jahrhundert zu einer buddhistischen Kultstätte. Die gesamte Anlage ist 1,5 km breit und 1,3 km lang und von einem künstlichen (!) zwischen 170 und 190 Meter breiten Wassergraben umgeben.

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Wenig los am „Hintereingang“ von Angkor Wat

Da die Wohnhäuser – inkl. des Königspalasts – damals aus Holz gebaut wurden, ist nur die als Angkor Wat bekannte Tempelanlage erhalten geblieben.

1-DSC02325Der größte Turm ist 65 Meter hoch. Es erscheint unvorstellbar, wie in der damaligen Zeit ein solches Bauwerk errichtet werden konnte.

1-DSC02301Dabei geht es nicht nur um den Transport und den Aufbau der großen Sandsteinblöcke. Praktisch jeder Teil der Oberfläche ist von Steinmetzen bearbeitet und mit Figuren, Ornamenten und ganzen Geschichten verziert. Allein die Basisreliefs auf der dritten Ebene weisen eine Fläche von 1.000 qm auf.

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Angkor Thom

Nur 1,5 km von Angkor Wat entfernt wurde ab Ende des 12. bis Anfang des 13. Jahrhunderts Angkor Thom als neue Hauptstadt errichtet.

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Mit einer Seitenlänge von 3 km war sie noch größer als Angkor Wat. Es wurden ebenfalls Wassergräben ausgehoben (100 Meter breit) und eine 8 Meter hohe Stadtmauer errichtet. Und das zu einer Zeit, als noch nicht einmal der Klappspaten erfunden war.

Typisch sind die Türme mit Gesichtern in alle vier Himmelsrichtungen
Typisch sind die Türme mit Gesichtern in alle vier Himmelsrichtungen

11.03.2016 – Noch mehr Tempel

Von den beiden großen Tempeln hatten wir ja schon gehört. Was sollte heute also noch kommen?

Ta Prohm

1-DSC02360Diese Tempelanlage liegt nur ca. 2 km nordöstlich von Angkor Wat. Errichtet wurde die Anlage vom späten 12. bis in das 13. Jahrhundert hinein, fällt also in die Zeit von Angkor Thom. Hier wurden sowohl hinduistische als auch buddhistische Motive „verbaut“. Ein Zeichen, dass die Religionen hier friedlich nebeneinander „funktioniert“ haben. Die äußere Begrenzung umfasst ein Gebiet von 60 ha. Hier sollen mal rund 12.000 Mönche gelebt haben.

1-DSC02380Das besondere an Ta Prohm ist, dass die Anlage nur wenig restauriert wurde. Man entschied sich, die Anlage nicht von dem Urwald zu befreien, der von Ta Prohm bereits teilweise Besitz ergriffen hat. Das sorgt für eine ganz besondere Stimmung, die auch Filmemacher inspiriert hat. So wurde hier ein Teil von Tomb Raider gedreht (der Film, der Angelina Jolie endgültig bekannt machte), weil man diese Kulisse in keinem Studio der Welt besser hinbekommt.

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Pre Rup

1-DSC02397Diese Shiva geweihte Tempelanlage stammt bereits aus dem 10. Jahrhundert. Auf einer Grundfläche von 127 x 117 Metern wurde eine steile Pyramide errichtet (die wir tapfer erklimmen) und darauf fünf Türme. Hier wurde sowohl Sand- als auch Backstein verwendet.1-DSC02413

Banteay Srei

1-DSC02422Auch nur 23 km von Angkor Wat entfernt und Mitte des 10 Jahrhunderts als hinduistischer Tempel erbaut, gilt Banteay Srei als einer der kunstvollsten Tempel mit einer Ausdehnung von jeweils ca. 200 Metern. Die inneren Bauten sind aus einem rosa Sandstein errichtet. Die Anlage wurde 1914 eher zufällig wiederentdeckt und in den 30iger Jahren restauriert.

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Neak Pean

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Klein aber oho. Für diese relativ kleine Kultstätte wurde Ende des 12. Jahrhunderts extra eine künstliche Insel erschaffen. Das künstliche Staubecken enthält inzwischen viele (wieder) abgestorbene Bäume und liefert eine skurrile Kulisse.

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Preah Khan („Heiliges Schwert“)

1-DSC02435Der Tempelkomplex stammt ebenfalls aus dem späten 12. Jahrhundert und ist einer der bedeutendsten Flachtempel. Er ist nur 2 km von Neak Pean entfernt und dehnt sich mit seinen zahlreichen Bauten über eine Fläche von 750 x 900 Meter aus.

Hass auf die Vietnamesen

Die Bilder passen zwar nicht zum Text, illustrieren aber noch einmal die beeindruckenden Tempel in und um Angkor Wat.

1-DSC02228Unsere Begleiterin erzählt, dass Angkor Wat seit ca. 1990 für 99 Jahre an die Vietnamesen verpachtet sei, das Geld aus den Einnahmen (ein 3-Tages-Ticket kostet 40 Dollar) also an die Vietnamesen fließe, nur 30 % dürfen die Khmer behalten.

Hintergrund: Die Vietnamesen sind Anfang 1979 – nach Grenzverletzungen der Roten Khmer – in Kambodscha einmarschiert und haben das Land von dem Terror-Regime befreit. Sie haben das Land dann aber auch einige Jahre besetzt. Die letzten Truppen haben Kambodscha erst 1989 verlassen. Zeitlich wäre ein Zusammenhang des Angkor-Wat-Vertrags mit dem Truppenabzug also plausibel.

Die alten Leute wären den Vietnamesen wegen der Befreiung auch dankbar. Aber das sei nicht richtig.

Der Hass unserer Begleiterin geht so weit, dass sie einen ihrer Landsleute vor Angkor Wat anpflaumt, dass er bei Gartenarbeiten einen vietnamesischen Hut – den flachen Kegel aus Bambusblättern – trage. Wie könne er das tun, gerade im Angesicht von Ankor Wat, dass die Vietnamesen gestohlen hätten.

Angkor Thom
Angkor Thom

Außerdem hätten die Vietnamesen im Grenzgebiet ein riesiges Waldgebiet ebenfalls für 99 Jahre bekommen, dass sie nun abholzen.

Wir kommen dann noch an einer riesigen Baustelle vorbei; es wird ein Hotel-Komplex mit über 1.000 Betten errichtet. Von einem vietnamesischen Investor. Für unsere Begleiterin ein weiterer Beleg für die Ausbeutung durch die Vietnamesen.

Ich bin mir sicher, dass die Vietnamesen sich ihren Einmarsch und vor allem den Rückzug haben bezahlen lassen und dass sie sicher bei der Ausgestaltung der Reparationen auch kreativ gewesen sind. Aber ich versuche die Geschichte von Angkor Wat zu verifizieren. Gar nicht so einfach. Aufgedeckt wurde der Deal wohl durch einen Radiobericht im Jahr2014. Dies wurde jedoch dementiert. Richtig sei, dass die Rechte für den Ticket-Verkauf an die Firma Sokimex abgegeben wurden. Die Firma gehört einem Khmer mit vietnamesischer Abstammung. Und im Dementi tauchen auch die 30 % wieder auf. Allerdings umgekehrt. Sokimex erhalte 30 % und dürfe davon für die Verkaufslogistik eine Provision von 15 % behalten, die restlichen 15 % gehen in einen Fond zur Restaurierung.

Liegender Buddha in Angkor Wat
Liegender Buddha in Angkor Wat

Die Angelegenheit bleibt unklar, denn weshalb sollte Kambodscha ausgerechnet den logistisch einfachen Verkauf von Tickets outsourcen?

Der Ticket-Verkauf ist übrigens einfach gelöst. Für alle Tempel-Anlagen zusammen kann man an einer zentralen Stelle einen 3-Tages-Ausweis für 40 Dollar kaufen (oder 1 Tag = 20 Dollar, 1 Woche = 60 Dollar). Ohne diesen Ausweis hat direkt vor den Tempeln keine Chance hereinzukommen. Das muss man wissen und den Ort der Verkaufsstelle kennen (auf der Straße zwischen Siem Reap und Angkor War). Ein Online-Kauf ist nicht möglich.

Ta Prohm
Ta Prohm

Der Hass der Khmer auf die Vietnamesen zeigte sich bereits einmal deutlich: Weil der Vietcong im Vietnam-Krieg seinen Nachschub in den Süden über Kambodscha organisierte (sog. Ho-Chi-Minh-Pfad), wurde auch Kambodscha von den Amerikanern bombadiert. Dafür und für eine allgemeine Wirtschaftskrise wurden die Vietnamesen verantwortlich gemacht. 1970 wurde mobil gemacht, um die Vietnamesen aus dem Land zu vertreiben. In diesem Zusammenhang kam es auch zu Massakern an den in Kambodscha lebenden ethnischen Vietnamesen. Bekannt wurde dies, als am 15.04.1970 800 ermorderte Vietnamesen im Mekong trieben.

Und eigentlich gehört Angkor Wat den Thailändern …

… meinen zumindest einige Thailänder auch heute noch. Hintergrund ist, dass Kambodscha im Zuge des siamesisch-vietnamesischen Krieges Mitte des 19. Jahrhunderts zu Thailand gehört. Dort war man so begeistert von Angkor Bat, dass man die Tempelanlagen in Kambodscha abbauen und in Thailand wieder aufbauen wollte. Dieser Plan wurde dann doch nicht umgesetzt, aber im Königspalast in Bangkok ein Modell der Tempelanlagen errichtet (hier hören wir auch von dieser Geschichte). Die Khmer sollen also froh sein, dass der Tempel noch auf ihrem Gebiet steht, aber gehören tut er ihnen nicht mehr, weil er ja mit erobert wurde ….

Model von Angkor Wat im Königspalst in Bangkok
Model von Angkor Wat im Königspalst in Bangkok