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Hanoi – 16.u.19.-21.03.2014

Ankunft in Hanoi – 16.03.2014

Vorbemerkung

Erst zwei Tage vor Abflug haben wir in einem Forum gelesen, dass der Vietnamese an sich – zumindest gegenüber Ausländern – eher unfreundlich ist. Es kann schon mal passieren, dass man aus einem Geschäft geworfen wird, bevor man überhaupt eine Frage gestellt hat oder dass man in einem Restaurant nicht bedient wird. Dass könne nun daran liegen, dass dies der Mentalität ganz allgemein entspricht oder daran, dass es sich um ein kommunistisches Land handelt. Hier ist (noch) der Ladenbesitzer König und nicht der Kunde.

Um es vorwegzunehmen: Wir haben nirgends eine Bestätigung dafür gefunden.

Währung: Die Lire Asiens

Der Kurs zum Euro steht 1:29.190. 50 Euro sind also schon rund 1,5 Mio in der Landeswährung. Die Umrechnung ist also eine große Herausforderung. Nicht grundsätzlich, aber ob es nun 10.000 oder 100.000 sind. Die Währung selbst kann man sich einfach merken: Dong

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Möglicherweise wurde sie benannt nach einem früheren vietnamesischen Finanzminister namens Dong Chi Chot (der damals vergeblich gegen die Inflation kämpfte). „Dong Dong“ steht für „ziemlich teuer“ und „Ding Dong“ für „etwas billiger“. Ein Chor, der nur für Geld singt, heißt „Dong Cho Sac ken“ (diese Bezeichnung wurde später von einem russischen Männer-Chor übernommen …).

Hanoi – der erste Kontakt: Globalisierungsstühle

Der Transfer ins Hotel hat geklappt und rund eine Stunde gedauert. Es gibt ein Merkmal, dass Regionen auf der Welt nur schwer unterscheidbar macht. Ganz egal, ob man in eine spanische Stadt, nach Marrakesch oder eben Hanoi hineinfährt. Eines haben alle gemeinsam: In den Werkstätten, kleinen Bars usw. stehen immer die gleichen Plastikstühle vor der Tür, auf die man auch bei uns vor 15 Jahren stolz war, wenn diese – billig im Baumarkt erworben – den Balkon geziert haben. Geflochtene, getischlerte oder sonstwie handwerklich hergestellte Stühle sind der Globalisierung zum Opfer gefallen.

Globalisierungsstühle, in Vietnam wird auch gern das Hockermodell genommen
Globalisierungsstühle, in Vietnam auch gern als Hockermodell

Apropos Globalisierung: Im Flughafen von Singapur ist mir eine Leuchtwerbung aufgefallen, die – sogar in der gleichen Größe – auch im Flughafen von Frankfurt platziert war (Nissan GT-R).

17.03.2014

Fahrt auf Vietnams Straßen

Um 7:45 werden wir abgeholt und dürfen den Verkehr auf vietnamesischen Straßen genießen – glücklicherweise nur in der zweiten Reihe. Es herrscht das Prinzip „alles im Fluss“, was wahrscheinlich noch auf Konfuzius zurückgeht. Wer bremst, hat verloren. Auch der Querverkehr schlängelt sich irgendwie durch, gehalten wird nur wenn der unmittelbare Vordermann steht – und das darf der nicht. Auf die Frage nach Verkehrsregeln meint der Reiseleiter, „Ja haben wir, wir haben Rechtsverkehr“, um gleich zu ergänzen, dass Autos meistens links fahren, weil rechts alles mit Mopeds voll ist.

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Hanoi

Unser vietnamesischer Begleiter im Norden Ly Tat Thang spricht immer von „meine Leute“ und so werde ich von „seine Leute“ sprechen, wenn ich Vietnamesen meine.

Fahrräder > Mopeds > Autos

Früher hatten seine Leute nur Fahrräder, heute haben sie Mopeds, was ein relativ teurer Spaß ist, denn ein Moped kostet hier umgerechnet zwischen 2.000 und 3.000 Dollar und das Durchschnittseinkommen beträgt nur 300 Dollar. Aber es scheint jeder ein Moped zu haben; das wichtigste Bauteil ist die Hupe.

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Sobald seine Leute Geld haben (der Reiseleiter weiß auch nicht woher), kaufen sie Autos, die hier dank einer 100%igen Luxussteuer doppelt so teuer sind wie bei uns. Man wünscht seinen Leuten Wohlstand, nur dann würde sich hier nichts mehr bewegen. Auf den Straßen verursachen schon die Mopeds Staus.

Über die Kriege in Vietnam

Unser vietnamesischer Begleiter erzählt u. a. von den vielen Kriegen. Bis 1945 war Vietnam von den Japanern besetzt. Danach wurde es auch nicht viel besser. Nach dem Indochina-Krieg und dem Krieg gegen die Amerikaner folgte noch in den 70ern ein Grenzkrieg mit China. Seine Leute hatten die Franzosen, die Amerikaner und die Chinesen vertrieben. Respekt.

Ich habe diese Erzählungen und eigene Recherchen gesondert dargestellt. Siehe >hier

Eine kleine, mir bis dahin unbekannte Geschichte: Im Krieg mit Amerika haben seine Leute Raketen aus der Sowjetunion bekommen. Diese konnten ca. 10.000 Meter hoch fliegen. Die B52-Bomber der Amerikaner flogen 13.000 Meter hoch und fühlten sich daher sicher. Ein Irrtum. Techniker von seine Leute bauten die Raketen so um, dass sie mehr als 13.000 Meter geschafft haben. Damit holten sie etliche B52 runter, was wohl dazu geführt hat, dass die Amerikaner endgültig die Lust an Vietnam verloren hatten. Seine Leute bekamen darauf hin Besuch von den Russen, die wissen wollten, wie man ihre Raketen tunen kann.

Auf die Kriege folgte dann die harte Zeit des Kommunismus. Es gab zwar Geld, aber nichts zu kaufen. Lebensmittel erhielten seine Leute nur auf Bezugsschein (u. a. 300 Gramm Fleisch/Monat). Das wurde erst besser mit Einführung kapitalistischer Mechanismen. Die Bauern konnten privat wirtschaften (jeder bekam zur Bewirtschaftung 300 qm), jeder konnte privatwirtschaftlich aktiv werden. Auf der Strecke zur Halong Bay haben seine Leute nun jede Menge Geschäfte aufgemacht. Fast die gesamte Strecke war gesäumt von kleinen Werkstätten, Verkaufsständen usw., selten breiter als vier Meter. Friseure brauchten gar kein Gebäude, sondern nur einen Spiegel und einen Stuhl auf dem Fußweg.

Chinesen und Schumi

Auf Chinesen sind seine Leute nicht gut zu sprechen. Das Gespräch mit dem Reiseleiter kam kurz auf Schuhmacher, ob er noch im Koma liege. Als wir erzählten, dass sein Helm kaputt gegangen ist, meinte er nur, „der kam bestimmt aus China. Früher hatten meine Leute auch Motorrad-Helme aus China. Viele Verletzungen. Heute machen wir selber. Ist besser“.

Hanoi am Abend

Die Stadt hört abends nicht auf zu leben. In der Nähe vom Hotel gibt es in Sichtweite einen kleinen Park. Hier übt eine kleine Gruppe seiner Leute Standardtänze; die Musik kommt aus einem Radio. Morgens um 07:00 Uhr spielen seine Leute auf dem hier sehr breiten Fußweg Federball, wie wir aus dem Hotelzimmer sehen konnten. Jetzt stellen wir fest, dass hier sogar Felder auf dem Boden gezeichnet sind.

Federball vor unserem Hotel
Federball vor unserem Hotel

Besichtigung Hanoi – 20.03.2014

Stadtrundfahrt

Vielleicht gibt es in Vietnam Gegenden, in denen das möglich ist. Wir haben bisher ja noch nicht viel gesehen, würden aber erst einmal nicht empfehlen, mit einem Mietwagen auf eigene Faust Vietnam zu erkunden. Jedenfalls nicht Hanoi. Der Verkehr folgt eigenen Regeln, das ist nichts für europäische Nerven. Selbst wenn man sein Ziel erreichen würde, Parkplätze gibt es ohnehin nicht. Dort stehen schon Hunderte Mopeds. Wir erreichen schließlich unser erstes Ziel:

Das Ho-Chi-Minh-Mausoleum

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Meine Generation erinnert sich noch, dass Ende der 60er bei uns „Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh“ skandiert wurde. Wir haben nun Gelegenheit, das Mausoleum dieses Mannes, der auch bei uns viele Jünger gehabt hat, zu besuchen (was er mit uns zu tun gehabt hat, hat sich mir damals allerdings nicht erschlossen). 1969 gestorben wurde sein Wunsch, verbrannt und in allen Teilen des Landes als Asche verstreut zu werden, ignoriert. Stattdessen wurde ein riesiges Mausoleum errichtet und sein Leichnam bis heute zur Schau gestellt. Die Entscheidung seiner Nachfolger ist allerdings nachvollziehbar, denn Ho-Chi-Minh hat als Gründer des modernen Vietnam eine enorme Symbolkraft für die Einheit der Nation. Es scheint, dass jedes Schulkind seiner Leute das Mausoleum besucht haben muss. Und die meisten waren heute vor Ort.

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Die Schlangen waren kilometerlang, überwiegend junge vietnamesische Schüler in ihren Uniformen. Für die bin ich mit meinen zwei Metern eine willkommene Abwechslung beim Schlange stehen und es gibt viele freundliche Hallos und gemeinsame Fotos.

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Als wir dann endlich das Mausoleum betreten, kann man sich der Faszination nicht entziehen. Auf der anderen Seite ist man auch froh, wieder raus zu sein, denn man muss sich solidarisch zeigen und wird als Besucher ebenfalls runtergekühlt.

Fast nur noch für westliche Touristen interessant sind die Nebengebäude. Dazu gehört das alte Wohnhaus von Ho-Chi-Minh, in dem er sehr bescheiden gelebt hat. Später wurde ein Pfahlbau errichtet, unten mit einem sehr einfachen Sitzungssaal für das Politbüro (11 Mitglieder), oben ein Schlaf- und ein Esszimmer mit karger Möblierung.

Einsäulen-Pagode auf dem Gelände des Mausoläums
Einsäulen-Pagode auf dem Gelände des Mausoläums

Weiter geht es dann zum:

Ethnolgisches Museum

Ich bin hier noch zur Toilette und kann auch nur jedem empfehlen, die Toiletten in einem Museum zu benutzen. Vielleicht ist das überhaupt ein Grund, weshalb die Museen hier relativ gut frequentiert sind.

Mittag-Essen

Weiter geht es zu einem Mittag-Essen in ein kleines typisches Restaurant. Typisch für seine Leute, nicht für Touristen. Susan gab mir Desinfektionsmittel für die Hände. Nachdem der Reiseleiter uns die Stäbchen gereicht hat (er hat unten angefasst …), hat Susan auch ihre Stäbchen desinfiziert. Es gab kleine Frühlingsrollen, einen Haufen Reisnudeln und etwas später eine Art Suppe zum Stippen. Guten Appetit! Nach ein paar Happen fragt uns der Reiseleiter, ob wir etwas Knoblauch und Peperoni möchten. Wir bejahen dankend und denken, dass er uns die kleinen Schälchen rüberschiebt. Aber er ist ein hilfsbereiter Mann, nimmt das Kleingehackte mit seinen Stäbchen, befördert es in unsere Schälchen und rührt mit seinen Stäbchen jeweils ein paar Mal um (muss nun Desinfektionsmittel hinterher gekippt werden?). Mir hat er auch geholfen und mit seinen Stäbchen ein paar Nudeln in meine Schale transportiert. Wir sind eine große Familie. Ich wurde irgendwann von den Stäbchen befreit und habe mit einem Löffel weiter gegessen. Dieser war eigentlich für den Salat gedacht, der in einer Art Tupper-Dose serviert (und von uns bisher ignoriert) wurde.

Es war lecker, aber unglaublich scharf. Abgerundet wurde das mit einem Tee und Kaffee. Ich wurde mehrfach gefragt, ob ich den Kaffee nicht doch mit Milch wollte. Als der Kaffee kam, habe ich verstanden, weshalb. Das war ein schwarzes Loch.

Mit allen Getränken haben wir für drei Personen deutlich weniger als 10 Euro bezahlt.

Wo die Suppe zubereitet wurde, haben wir gar nicht gesehen, aber wo das Geschirr gespült wurde ...
Wo die Suppe zubereitet wurde, haben wir gar nicht gesehen, aber wo das Geschirr gespült wurde …

Der Literatur-Tempel

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Weshalb Tempel? Es handelt sich historisch um eine Schule. Die Schlauesten aus jedem Dorf kamen in die nächst größere Stadt, die Schlauesten aus der nächstgrößeren Stadt in die Bezirksstädte, bis es schließlich eine Elite nach Hanoi geschafft hatte.

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Und wer hier – im Literatur-Tempel – seine Prüfungen bestanden hatte, konnte Mandarin werden (hoher Beamter).

Der Schulgong (kein Scherz)
Der Schulgong (kein Scherz)

Der Tempel ist nun Konfuzius geweiht. Einen Mittelpunkt stellt der Konfuzius-Altar dar, dem damals sogar der Kaiser und Mandarine Opfer darbrachten. Auch heute werden hier noch Opfer abgelegt.

Konfuzius-Altar
Konfuzius-Altar

Stadt-Centrum und Toiletten

Muße beim Brettspiel
Muße beim Brettspiel

Wir haben uns dann zu Fuß aufgemacht durch die Altstadt. Geschäft an Geschäft, straßenweise sortiert nach Branchen. Metallverarbeitung, Bastmatten, Kleidung, Schuhe usw. Durch dieses Gewusel schärfen wir unser Gefühl für den Verkehr seiner Leute. Hoch verdichtetes Centrum ist dann ein Marktgebäude. Die Gänge zwischen den Waren messen nur noch einen halben Meter, auch die Gerüche komprimieren sich. Susan muss zur Toilette. Der Reiseleiter meint noch „keine gute Idee“, weist aber den Weg. Ich bekomme noch mit, dass für 1.000 Dong zwei Stücke Papier ausgehändigt werden, den Rest kenne ich nur vom Hörensagen:

Es öffnet sich ein großer Raum mit weiter verdichteten Gerüchen und kleinen Verschlägen. Susan sucht verzweifelt den Ausgang, wird aber von den Frauen freundlich dazu gebeten, einen freien Verschlag aufzusuchen (da behaupte noch mal jemand, die Nord-Vietnamesen seien unfreundlich). Augen zu und Hosen runter. Die Wände zwischen den Verschlägen sind multifunktional, knapp einen Meter hoch: Sinkt man in sich zusammen, ist man für sich (wenn vorne Türen wären), hebt man den Kopf, kann man zur Seite kommunizieren.

Wasserpuppen-Theater

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Schließlich erreichen wir das Wasserpuppen-Theater. Ich habe das Gefühl, in einer Reihe mit vietnamesischen Kindersitzen gelandet zu sein. Aber es ist überall so eng und ausgebucht. Das Geschehen auf der Bühne (einem großen Wasserbecken) wird unterstützt durch vietnamesische Musik eines kleinen Orchesters mit bis zu drei weiblichen Stimmen. Kinder hätten gewaltigen Spaß gehabt, das Theater war aber ausschließlich von Erwachsenen und – soweit ersichtlich – ausschließlich von Touristen besucht. Wenn man schon mal da ist …

Schauspieler am Ende der Vorstellung
Schauspieler am Ende der Vorstellung

Abreise – 21.03.2014

Hanoi – Fazit

Wir sind heute schon um 05:00 Uhr aufgestanden. Der Flug nach Hue startet früh. Auf dem Flughafen bleibt Zeit für kurzes Fazit:

Da wir uns in einem relativ „geschützten Bereich“ bewegt haben, haben wir seine Leute sicher nicht richtig kennengelernt, aber unfreundliche Menschen sind uns nicht begegnet. Wir konnten uns auch in den engen Altstadtgassen bewegen, ohne dass man dauernd zum Kauf von Brauch-ich-nicht animiert wurde. Wir wurden seltener angebettelt als in der Bremer Innenstadt.

Noch einmal: Der Verkehr

Wir haben eine vier- bis fünfspurige Straße (vor dem Wasserpuppen-Theater) erfolgreich überquert und können daher mitreden. Bei Beginn der Überquerung war die Straße leer, dann sprang irgendwo eine Ampel auf Grün. Eine Wolke von Mopeds kam auf uns zu. Nicht hinschauen und weitergehen. Hat geklappt. Wenn man sich das genauer ansieht, weiß man weshalb:

Einerseits ist da die durch Mopeds bestimmte Geschwindigkeit von max. 40 km/h. Damit reicht es aus, wenn einen ein Moped in ca. 8 Meter Entfernung wahrnimmt, die Geschwindigkeit schätzen kann und danach entscheidet, links oder rechts an einem vorbeizufahren. Dazu müssen die Mopeds ihren Abstand zu einander nur wenig verringern, die Geschwindigkeit kann beibehalten werden. Das Prinzip funktioniert, so lange man als Fußgänger seine (einschätzbare) Geschwindigkeit beibehält, nicht anhält, nicht anfängt zu laufen und man als Gruppe nebeneinander und nicht hintereinander geht (denn das wäre von den Mopeds nicht mehr einfach zu umfahren).