Das Hyänen-Canyon
Am späten Nachmittag im Rhino Camp angekommen, geht es gleich los. Etwas langweilig, sehr karge Landschaft, kaum Tiere.
Aber wir werden entschädigt. Wir fahren an ein kleines Canyon und sehen eine Gruppe von Hyänen.
Diese sind nur sehr selten zu beobachten, weil sie nachtaktiv sind und tagsüber in Höhlen schlafen. Diese Gruppe nimmt das Canyon als ihre natürliche Höhle. Sie werden langsam wach, recken sich wie Hunde. Drei Jungtiere lösen sich und klettern das Canyon zu uns hoch. Völlig unbefangen nähern sie sich unserem Range Rover Als sie versuchen, in die Reifen zu beißen, reicht es, einmal den Motor zu starten. Dieses Spielchen wiederholt sich noch ein paarmal; der Hyänen-Nachwuchs findet es offenbar interessant, einen Weg gefunden zu haben, das große Ding zum Geräusche machen zu provozieren.
Hyänen sind nicht ohne. Es sind die Säuger mit dem wohl stärksten Gebiss und sehr erfolgreiche Jäger. Sie jagen ihre Beute bis zur Erschöpfung und beißen dann in die Beine, sind aber in der Nacht auch für Menschen nicht ungefährlich.
The longest Safari ever (07.05.2015)
Heute lerne ich noch eine dritte Straßenkategorie kennen: Wege auf denen nie wieder ein Auto fahren wird.
Wieder um 05:00 wecken, um 06:00 Abfahrt mit dem Ziel, Rhinos zu sehen. Wir fahren mit vier Land Rovern. Ein Wagen ist bereits eine Stunde früher mit drei Rhino-Trackern gestartet. Die interpretieren Rhino-Kot und geben uns per Funk Hinweise, wie wir fahren sollen.
Die Rhino-Safari unterscheidet sich deutlich von dem, was wir kennen. Wenn man Elefanten gefunden hat, sollte man im Wagen bleiben, wenn man keinen direkten Kontakt mit bösen Elefanten provozieren möchte. An Rhinos im Auto heranzukommen, ist jedoch unmöglich. Rhinos sind viel zu scheu und wären schon lange über alle Berge, bevor man sie erreicht. Und dann muss man hoffen, dass die Rhinos scheu bleiben …
Die Rhino-Tracker schicken uns in die Berge, eine ziemliche Gurkerei. Dann alle aussteigen und weiter geht es zu Fuß durch eine Mondlandschaft; auf dem Gipfel warten die Tracker auf uns. Dann kommt Bewegung in das Ganze. Der Wind hat gedreht, das Rhino hat uns bemerkt und ist weg. Schnell zu den Autos und dem Rhino den Weg abschneiden. Die Tracker hatten sich – ohne dies schon aus dem Kot herauslesen zu können – ausgerechnet an Getaway gehängt, der Name ist Programm. Und so bleibt unser Versuch, den Berg zu umrunden und das Rhino auf der anderen Seite aufzuspüren, erfolglos.
Aber immerhin: Auf der Suche nach einem geeigneten Picknick-Platz kommen wir in einem ausgetrockneten Flussbett relativ nah an zwei Giraffen vorbei.
Bis zum Lunch haben wir noch kein Rhino gesehen. Es wird eine lange Buffet-Tafel aufgebaut. Ich meide in der Hitze nicht nur das Bier – das von allen anderen Gästen gern genommen wird (zwei Australier haben auch schon vorher ein paar Dosen im Jeep geleert und sind ganz entspannt), sondern auch den sicher leckeren Kartoffelsalat, der mir an diesem Ort unter Risikogesichtspunkten aber eher ungeeignet erscheint.
Weiter geht‘s. Die Crew wirkt etwas demotiviert. Aber dann haben die Tracker wieder ein Rhino gesichtet. Wir nähern uns langsam. Dort wo das schlafende Rhino unter uns in einem ausgetrockneten Flussbett entdeckt wurde, sehe ich nur einen runden schwarzen Punkt vor einem Busch. Der fängt aber an, sich zu bewegen.
Und tatsächlich, irgendwann entfaltet sich dort unten ein Rhino mit einem Rhino-Kalb. Obwohl es mindestens 300 Meter bis zu den Tieren sind, bemerken uns die Rhinos und verschwinden.
So waren wir doch noch erfolgreich und treten den Heimweg an. Die weit vorausfahrenden Tracker melden wieder einen Fund. Wir müssen einen weiten Umweg fahren, um in eine günstige Position zu kommen. Die letzten Meter verteilen wir uns auf zwei Wagen und versuchen, durch absolut unwegsames Gelände, näher heranzukommen. Wir steigen aus und pirschen uns heran. Keiner redet ein Wort, wir gehen im Gänsemarsch, um optisch möglichst unsichtbar zu bleiben, jeder hat die Anweisung „kein Parfüm“ beachtet, damit wir auch für die feine Nase der Rhinos möglichst lange unerkannt bleiben. Das sichtbare Rhino sieht aus, als wenn es im Stehen schläft. Wir kommen bis auf ca. 100-150 Meter heran und warten gefühlte Ewigkeiten regungslos.
Das Rhino bewegt sich schließlich, schaut es in unsere Richtung. Zusammen mit einem weiteren Rhino verlässt es die Deckung des Busches. Beide entfernen sich langsam. Das ist vielleicht besser, als wenn sie näher gekommen wären …
Wir machen uns auf den Rückweg zu den Autos und bekommen zwei Nachrichten. Die gute: wir machen uns auf den Heimweg; die schlechte: Das wir noch mindestens drei Stunden dauern. Wir werden also nicht vor 19:00 im Camp sein. Johann ist sonst ein sehr vorsichtiger Fahrer, gibt aber jetzt richtig Gas; die Aussicht, weite Strecken noch nach Sonnenuntergang zurücklegen zu müssen, scheint ihm keine gute Perspektive zu sein. Als die Tracker in einer Schlucht noch weitere Rhinos entdecken, entscheiden wir daher, Gas zu geben. Wir hatten genug Rhinos.
Die Sonne geht um ca. 17:45 unter und dann wird es auch relativ schnell dunkel. Wir heizen mit dem Land Rover durch die Nacht auf unbefestigten Wegen. Wie es wohl den – teilweise weit über – 70jährigen Engländern bzw. Südafrikanern in einem anderen Range Rover nach den Strapazen gehen mag? Man freut sich jedesmal, wenn die vier heil ein- und ausgestiegen sind, denn die Land Rover haben hinten keine Türen, so dass schon diese Prozeduren kleine Abenteuer sind.
Schließlich sehen wir in der Ferne die Lichter des Camps. Johann dreht sich zu mir um: „The longest Safari ever. Hard to beat.“ Von 06:00 bis knapp nach 19:00 waren wir unterwegs, davon ca. 11 Stunden im Land Rover.
Man kann es nicht jedem Recht machen
In den letzten beiden Camps sind beim Dinner immer auch ein paar Mitarbeiter mit am Tisch. Einer der Guides erzählt, dass er seinem Großvater von seinem Job berichtet hat. Der hat nur mit dem Kopf geschüttelt und sich gewundert, dass dafür Geld bezahlt wird: Erst dürfen die Frauen ans Buffet, die Gläser mit Wein werden nicht voll gekippt und die Flaschen stehen nicht auf dem Tisch, so dass man gar nicht erkennen kann, was man trinkt. Nichts für den afrikanischen Großpapa.
Abreise (08.09.2015)
Am Abreisetag machen wir morgens noch einen kleinen Ausflug und sehen u. a. ein paar der eher seltenen Hartmann-Zebras.
Rhino-Trust
Die Rhino-Tracker waren keine Mitarbeiter des Camps, sondern des Rhino-Trusts. Die Tracker helfen dabei, eine umfassende Datenbank über die Rhinos zu pflegen. Jedes Rhino, was wir gestern gesehen haben, wird dort beschrieben und zugeordnet. Praktisch alle Rhinos waren bekannt und haben Namen. Wir werden einen Blick in die Aufzeichnungen von gestern. Nur eines der Rhinos war „unknown“ und wird vielleicht bald einen Namen bekommen. Unterscheidungsmerkmale sind neben der Größe insbesondere die Form der Hörner und der Ohren.
Abfahrt
Wie schon im Damaraland Camp werden wir auch hier mit ein paar Liedern eines achtköpfigen Chors verabschiedet. Das ist sehr berührend.